Dieses traditionelle Highlight des dgs Landesverbandes Baden–Württemberg konnte, wie gewohnt, ein breites Fachpublikum ansprechen. Das Team der Gebrüder-Grimm-Schule Heilbronn hatte mit Hilfe der Lehrkräfte, Kinder und Eltern für ein rundum gelungenes Fachtagungsambiente gesorgt - einschließlich eines „zauberhaften“ Mitgliederabends in der Besenwirtschaft.
Aktuelle Studien, hochkarätige Referenten, sowie für unsere Schüler wichtige Zukunftsfragen wurden durch das breit angelegte Themenspektrum sehr fundiert und transparent angesprochen. Sowohl Theorie als auch Praxisbezüge kamen in vielfältiger Weise zum Tragen.
Hier ein kleiner Streifzug durch die Themenvielfalt:
Herr Prof. Dr. R. Böckler gab einen sehr anschaulichen Einblick in Aufbau und Funktionsweise des Hörorgans und seiner Verbindungen zum Gehirn. So wurde das auditive System und sein Einfluss auf Spracherwerb und Sprachverarbeitung besonders deutlich. Anhand der Tatsache, dass das Gehirn sich beim Sprachverstehen nicht nur auf einen Kanal verlässt, sondern interpretiert und Informationen aus anderen Kanälen einbezieht, macht er Chancen für die Förderung deutlich.
Frau Prof. Dr. med. Michele Noterdaeme nahm die mit Sprachbehinderung häufig verbundenen psychoreaktiven Begleiterscheinungen sowie deren sozial-emotionale Spätfolgen in den Blick. Dies ließ Fachkräfte aufhorchen. Frühere, präventive, sowie dauerhafte Maßnahmen, die Kinder vor negativen Einflüssen auf die Entwicklung des Selbstkonzepts bewahren, wurden als notwendig erachtet.
Frau Prof. Dr. Michaela Sambanis konnte anhand der Besonderheiten des Fremdspracherwerbs bei LRS- Kindern die Merkmale der besonderen Lernbedürfnisse aufzeigen. Wichtige Impulse hierzu leitete sie aus eigenen Studien sowie aus Forschungsreihen des Ulmer Transferzentrums um Prof. Spitzer ab. Demnach werden nachhaltige Lernerfolge durch die Aktivierung von Bewegungsarealen in Verbindung mit dialogisch- szenisch- semantischer Assoziationsarbeit erfolgreicher wirksam.
Dr. Anja Schröder betonte in diesem Zusammenhang die besondere Schlüsselrolle von kindlichen Erzählkompetenzen. Eine grundlegende Ausprägung von Erzählfähigkeiten hat positive Auswirkungen auf spätere expressive, rezeptive und schriftlichsprachliche Fähigkeiten. Auch mathematisches Denken wird mithilfe von erzählerischen Elementen bzw. einer strukturierenden Vorstellungskraft erleichtert. Auch hier wurden etliche mögliche sonderpädagogische Ansätze angeregt.
Der Fachtag wurde durch Ausführungen von Prof. Dr. Glück zu inklusiven Beschulungsformen im angloamerikanischen Raum, insbesondere zum RTI-Ansatz, und von Hubert Haaga, Vertreter des Kultusministeriums, in die aktuelle politische Diskussion eingebettet.
Beide betonten die Notwendigkeit exklusiver Kompetenz in inklusiven Kontexten, da spezifische Bedürfnisse auch spezifischer Vorkehrungen und Unterstützung bedürfen. Die Sprachheilpädagogik in Baden-Württemberg hat sich auch hinsichtlich der Anschlussfähigkeit der Schüler an die Regelschulen als unstrittiges „Erfolgsmodell“ erwiesen, welches größtmögliche Akzeptanz bei Eltern und Schülern findet. Die Verantwortung aller Beteiligten in Schule, Politik und Elternschaft für die gewinnbringende Gestaltung von Bildungsangeboten für sprachbehinderte Kinder auch in Zukunft wurde deutlich hervorgehoben.
Die politische Zukunft wird weiter vom Fachverband dgs begleitet und beraten. Der stets aktive Landesverband begibt sich verstärkt in die Öffentlichkeit, um über die Belange unserer sprachbehinderten Kinder transparent zu machen und zu sichern.
Dazu werden in der „Woche der Sprachheilschulen“ vom 18.-24.6.2012 verschiedenste Informationswege beschritten, an der sich die dgs beteiligen wird. Eine breite Öffentlichkeit soll die Arbeit der Sprachheilschulen kennenlernen, so dass auch allgemeine Schulen auf das Know-How zurückgreifen können und für Politiker die besondere Gestaltung der Bildungsangebote transparent wird.